Salzstock in Bahlburg als Atommüllendlager ungeeignet

Auf seiner Oktober-Sitzung befasste sich der Runde Tisch Natur-, Umwelt- und Tierschutz mit der Endlagerfrage für den Atommüll. Referentin war Renate Maaß, die sich seit Jahren mit dem Thema beschäftigt und einen fundierten  Überblick über die Rolle der Salzstöcke bei den Planungen für ein Endlager gab.

Anlass für uns im Landkreis, sich damit auseinanderzusetzen, ist die besondere Rolle, die dem Salzstock bei Bahlburg (Winsen) in der Erkundung zukommt. Bundesweit gibt es vier geologische Formationen, die für ein Atommüllendlager in Frage kommen: (1) kristalliner Einschluss (Gestein wie Granit o.ä.), (2) Tongestein, (3) Salzstock in steiler Lage (Diapir oder Salzdom) und (4) Salzstock in Kissenlage. Für jede der vier Formationen wurde ein Referenzort benannt, an dem sozusagen stellvertretend untersucht wird, wie man zu einem Kriterien- und Bewertungskatalog kommen kann: Wie können die ca. 180 Teilgebiete in eine Rangreihe gebracht werden, die bundesweit als potenziell geeignet eingeschätzt werden.  Für das Kapitel „Salzstock, steil gelagert“ ist Bahlburg dieser Referenzstandort.

Jetzt werden die verfügbaren Daten gesammelt, die es zu diesem Standort im Landkreis Harburg gibt (z.B. aus der Zeit der Öl- bzw. Gaserkundung mithilfe von ca. zehn Probebohrungen in den achtziger Jahren). Es werden 2D- und 3D-Modelle erstellt, seismografische Untersuchungen ausgewertet usw. Es sollen aber keinesfalls spezielle neue Bohrungen durchgeführt werden, hat die Behörde zugesichert.

In dem Vortrag von Renate Maaß wurde deutlich, dass mit Salzstöcken schlechte Erfahrungen en masse gemacht wurden. Im Atommüllager Asse, in Lüneburg mit entsprechenden Erdfall-Risiken und in anderen Salzstockgebieten gibt es Erfahrungen, denen zufolge Salzdiapire überhaupt für so sensible Lagerungen kaum Frage kommen. Die Störungen, die durch die senkrechte Ausdehnung des Salzdiapirs in den letzten hunderttausenden von Jahren gesetzt worden sind, machen die Risiken unberechenbar (wie sich beim stillgelegten Atommülllager im ehemaligen Salzbergwerk Asse zeigt). Vor allem die Gefahr von Wassereinbrüchen ist kaum einschätzbar. Auch in Bahlburg wird man ohne invasive Eingriffe (d.h. Bohrungen) kein Bild vom Inneren des Diapirs gewinnen können (so die Aussage z.B. von Fachleuten des Landesbergamtes). Das Ziel, mit der Untersuchung des Salzstocks in Bahlburg ein Referenzobjekt zu beschreiben, anhand dessen man dann die restlichen Salzstöcke möglichst unaufwändig nach Eignung sotieren kann, wird so nicht erreicht. Jeder Salzstock wird gründlich und mit invasiven Methoden geprüft werden müssen – ein immenser Aufwand. Aber weniger Aufwand bedeutet weniger Zuverlässigkeit der Prüfverfahren.

Die Endlagersuche ist ein komplexes Unterfangen, das unter dem Erfolgsdruck steht, dass ein Endlager unverzichtbar ist. Aber es kann nicht sinnvoll sein, so zu tun, als gäbe es für die am wenigsten schlechten Lösungen so viele Möglichkeiten (180 potenzielle Standorte…). Die steilen Salzdiapire bzw. -Dome stellen allein schon 140 von diesen potenziellen Standorten. Es spricht vieles dafür, dass sie von vornherein ausgeschlossen werden müssten. Dann könnte man sich die stellvertretende Untersuchung des Salzstocks in Bahlburg sparen – aus zeit- und finanzökonomischen Gründen ein Gewinn.

Mit dem anwesenden Vertreter der „Bürgerinitiative (BI) gegen Atom-Endlager im Salzstock Bahlburg“, die mittlerweile als Verein gegründet ist, wurde weitere Kooperation vereinbart. Aus dem Runden Tisch war 2013 die BI „Kein Fracking in der Heide“ hervorgegangen, die sich in geologischen Themen bereits eine breite Kompetenz angeeignet hatte. Renate Maaß gehörte von Anfang an zum Sprecherrat dieser BI. Jetzt hat sie sich mit dem Thema der Salzdiapire als Endlager diesem aktuellen brisanten Thema zugewendet. Die Mitglieder des Runden Tisches verfolgen das Thema weiterhin mit engagiertem Interesse.

Buchholz, 26.10.21

Ingo Engelmann

Nachbemerkung: Unsere Salzstock-kritische Position findet in der derzeitigen Fachdebatte keine Mehrheit. Andere sind dafür, das möglichst objektive Verfahren zur Prüfung der verschiedenen vorstellbaren Standorte für ein Endlager durchzuziehen. Dabei bleiben unsere Vorbehalte auf der Strecke, dass es angesichts der jeweils sehr eigenen Struktur der verschiedenen Salzstöcke unmöglich ist, einen allgemeingültigen Kriterienkatalog (die „Bahlburg-Liste“…) zu erarbeiten, an dem dann die Verwendbarkeit jedes einzelnen Salzstocks gemessen werden kann. Das jetzt gewählte Verfahren mag objektiv sein – ist aber nicht sinnvoll und praktikabel. Darin bestärken uns Aussagen des ÖKO-Institus Freiburg und einzelner Behördenvertreter.