Archiv der Kategorie: Allgemein

Tierversuche – sinnvoll, notwendig, ethisch vertretbar?

Referentin: Inge Prestele (Lobby pro Tier e.V.)

12. Vortrag in der Reihe „Mensch-Tier-Beziehung im Fokus“

Die Referentin kam über die Bürgerinitiative Lobby pro Tier e.V. (Mienenbüttel / Landkreis Harburg) zur Auseinandersetzung mit Tierversuchen. Das Labor für Pharmakologie und Toxikologie (LPT) mit Labor- und Sammellager-Gebäuden vor allem auch für Hunderte von Beagles lag lange unbeachtet im Grünen, mittlerweile sind die Autohof- und Logistikkathedralen an der A1 auf Tuchfühlung herangerückt. Nach Angaben des Betreibers auf seiner (mittlerweile von konkreten Zahlen gesäuberten) Homepage hält er bis zu 1500 Hunde vor, außerdem 500 Affen und 100 Katzen sowie 100 Schweine. Das Gros der vom LPT verbrauchten Tiere sind die 10.000 Mäuse und 12.000 Ratten. An diesen Tieren werden Prüfungen vorgenommen, mit denen man herausbekommen will, ob Stoffe giftig sind, ob sie Krebs auslösen, ätzen oder die Haut reizen usw. Auch jede Charge Botox, die in den Handel kommt, muss überprüft sein: ist der Stoff wirklich genauso giftig, wie er sein soll? Dazu prüft man, ob im Test „Botox LD 50“ mit einer vorgeschriebenen Menge des Nervengiftes wirklich genau die Hälfte der infizierten Versuchstiere nach eine festgelegten Zeitspanne tot sind. Für den Test unerheblich, aber unausweichlich: auch die andere Hälfte stirbt. Kurze Zeit später. Weiterlesen

Straßenhunde in Rumänien

Straßenhunde in Rumänien – ein lukratives Problem

11. Vortrag in der Reihe „Mensch-Tier.-Beziehung im Fokus“, Referent: Eckard Kretschmer

Eckhard Kretschmer ist seit 2005 Hundehalter, seit 2012 im Tierschutz aktiv (u.a. mit Tiersicherung und Tiersuchaktionen) und seit 2013 mit der Problematik der Straßenhunde in Rumänien befasst.

Rückblickend wird die Entwicklung der Straßenhunde in Rumänien erklärt. Aufgrund von Umsiedlungen in der kommunistischen Zeit verloren ehemalige Haushunde ihr Zuhause. Bei den Straßenhunden spielt sich dann eine relativ stabile Populationsdichte ein. Wesentliche Faktoren bei den Zugängen sind Geburten(-rate), Zuwanderungen und das Aussetzen von Haushunden. Regelungsversuche durch Entnahmen (z.B. Tötungen) sind nicht nachhaltig, sondern führen (bei gleichen Rahmenbedingungen) zu einer erhöhten Geburtenrate.

In mehreren Orten wurde eine nachhaltige Reduzierung der Anzahl von Straßenhunden durch Einfangen und Sterilisieren bzw. Kastrieren erreicht. Im September 2013 bekam das bis dahin wenig problematische Thema der Straßenhunde erhöhte mediale Aufmerksamkeit. Insbesondere der Fall eines (angeblich?) von Straßenhunden zu Tode gebissenen Jungen führte zu politischen Entscheidungen. Eckhard Kretschmer vermutet hierbei auch eine gezielte Ablenkung von einem Frackingprojekt in Rumänien.

Die Politik schaffte finanzielle Anreize zum Fangen (Fangprämie 50€Lei), Unterbringen (Auffangheime ~90 Lei€/14Tage) und Entsorgen (Töten ~14 Lei€ und Verbrennen gewichtsabhängig ~10-15 Lei€). Das Geld wird gemäß Tötungsgesetz von 10.9.2013 von den Gemeinden bezahlt – hier profitieren dann die örtlichen Entscheidungsträger und die verbreitete Korruption verhindert Alternativen. Besondere Brisanz ist nun entstanden, da das Tötungsgesetz ab Januar 2014 auch das Töten der Hunde nach 14-tägiger Vermittlungsfrist erlaubt. Dies wird politisch als “Hygienemaßnahme” bezeichnet und somit international als Seuchenbekämpfung dargestellt.

Eckhard Kretschmer zeigt  Bilder von Tierheimen und nennt nationale Tierschutzorganistionen, lokale Tierschutzinitiativen und erwähnt auch “lokale Einzelkämpfer”. Diese Aktivisten helfen den Hunden durch unterschiedlichste Aktivitäten, z.B. Evakuierung während des Winters aus im Winter nicht versorgten Tierheimen, Kastration/Sterilisation, Vermittlung von Hunden, tierärztliche Betreuung und auch durch schriftliche Vereinbarungen mit den Gemeinden.

Für weitere Informationen nennt er nachfolgende Webseiten (und nutzt die Seiten auch in seiner Präsentation); diese Webseiten dienen als Netzwerk und Informationsbank für die Türschutzaktivisten in Rumänien und außerhalb:

Vortragvideo auf Youtube: http://www.youtube.com/watch?v=7FuwdTLYN0E#t=21

Demonstrationstermine:https://www.facebook.com/pages/Tierschutzdemos-Termine-und-Fotoalben/642209555813495

Lagebericht facebook: https://www.facebook.com/MapOfHopeblog

Lagebericht und interaktive Situationskarte Osteuropa: https://mapsengine.google.com/map/edit?mid=zrb9UkiqhAOI.kWP4EccN-erY

und http://www.mapofhope.wordpress.com/

und die vom Referenten: https://www.facebook.com/eckhard.kretschmer

 

Was kann man tun?

– Adoption / Pflegestelle

– Finanzierung von Pflegestellen

– Geldspenden / Sachspenden

– Transporte / Freiwilligendienst

– Politikerkontakte / Pressekontakte nutzen/aktivieren

– Demonstrieren

Im Publikum ist auch eine sachkundige Rumänin, die abschließend erklärt, dass das Tötungsgesetz in Rumänien kein Pressethema ist, dass Straßenhunde normal-alltäglich sind, und dass bei den früheren Umsiedlungen keine Möglichkeit zur Unterbringung der Hunde bestand.

Mit Applaus dankt das Publikum Eckhard Kretschmer für den informativen, dynamisch gehaltenen Vortrag.

Protokoll Jens Meyer (Unterstützung Gundi Schütte, Sonja Heiermann, Eckhard Kretschmer)

Biblische Sichtweisen einer gelungenen Mensch-Tier-Beziehung

Am 3.12.2013 referierte Kristina Haupt (Sozialpädagogin) im Rahmen der Vortragsreihe „Mensch-Tier-Beziehung“ zum Thema „Biblische Sichtweisen einer gelungenen Mensch-Tier-Beziehung“.

Kristina Haupt erklärt beginnend, ihren Vortrag als theologische Laiin und bekennende, sehr gläubige Christin erarbeitet zu haben. Dazu hat sie – da es zum Thema kaum Literatur gibt – intensiv die Bibel durchgearbeitet. In der Einführung wurde deutlich, dass in den Bibeltexten (Grundlage war die „Neue Lutherbibel“) von vorne bis hinten Tiere vorkommen, ungefähr 130 Tierarten insgesamt. Besonders häufig werden Nutztiere genannt, insbesondere Schafe und Lämmer. Die Aufgabe der Menschen ist hierbei i.d.R., als Hirte die Tiere zu schützen und zu versorgen. Tierbesitz bedeutet Reichtum.

Hinsichtlich der Nutzung der Tiere für die menschliche Ernährung ist von der (alttestamentlichen) Schöpfungsgeschichte bis ins Neue Testament eine deutliche Ausweitung der erlaubten Nutzungen festzustellen. Ist die vegane Speiseanweisung in der Schöpfungsgeschichte „sehr gut“ (und damit nicht weiter zu verbessern), darf Noah nach der Sintflut Fleisch (ohne Blut, darin ist das Leben) essen. Die zusätzlichen Erlaubnisse werden stark reglementiert, diese Regeln können heute vielfach auch als Hygienevorschriften verstanden werden. Es wird zwischen reinen und unreinen Tieren unterschieden. Ein 10-Tage-Vergleich zwischen veganer Ernährung und „Königspeise“ fällt zugunsten der biblischen Veganer aus (Daniel 1,12-17).

Eine besondere Funktion haben Tiere als Opfertiere. Bemerkenswert ist dabei, dass Tieropferungen zunächst von den Menschen ausgegangen zu sein scheinen – später erst hat Gott (anscheinend einschränkende) Anweisungen dazu gegeben. Opferungen werden seltener im Laufe der Zeit, Gott will schließlich keine Opfer mehr, da sie zu Ritualen erstarrt sind, er aber die Herzen der Menschen, d.h. ihre Liebe zu Gott, wollte.

Mit Jesu Tod sind keine weiteren Opfer nötig, er selbst ist als „Lamm Gottes“ Opfer geworden. In der Schöpfungsgeschichte bekommen Menschen und Tiere Namen und jeweils einen Partner bzw. Partnerin. Damit entstehen auch Beziehungen. Kristina Haupt verweist an dieser Stelle vergleichend auf die heutige Massentierhaltung. Weitere, teils auch ausführlich zitierte Aspekte von Tierschilderungen in der Bibel sind:

  • die Schöpfungsordnung: Die Menschen sollten über die Fische im Meer, die Vögel unter dem Himmel,die Tiere des Feldes und alles Gewürm herrschen (1.Mose1,26)
  • bedrohliche Tiere >> werden besonders in den Prophetien beschrieben – sie scheinen einerseits metaphorisch gemeint, andererseits aber auch sehr real da sie exakt „gesehen“ und beschrieben werden (z.B. Daniel Kap. 7 u. 8, Offenbarung, Kap. 5 u.v.a.).
  • das Goldene Kalb >> (Götzenanbetung) tiefster Fall des Menschen, schlimmster Verstoß gegen die Schöpfungsordnung (2. Mose 32, 8 – 20) – wird hart von Gott bestraft und, nachdem das Volk Buße getan hat, verziehen.
  • durch Tier(e) gerettete Menschen >> z.B. in der Wüste: vom Himmel fallende Wachteln und Manna als Morgenspeise, aber (!): Kein Überfluss – nur so viel, wie an einem Tag gebraucht wird! Alles, was dieIsraeliten überflüssigerweise als Vorrat sammelten, wurde stinkend und von Würmern (unreine Tiere) zerfressen. Die Menschen sollten Vertrauen haben dass sie am nächsten Tag wieder versorgt werden.
  • Übernatürliche Fähigkeiten von Tieren (die Gott ihnen verleiht): Elia z.B. wird am Bach, wo er sich verstecken sollte, von Raben am Morgen und Abend mit Brotund Fleisch versorgt. (1.Könige 17,2-6) /  Jona wurde zu seiner Rettung aus dem Meer von einem großen Fisch verschluckt und nach 3Tagen an Land gespuckt (Jona 1,15-2,1) /  Bileam wurde gerettet, weil seine Eselin drei Mal dem Engel Gottes (mit Schwert bewaffnet) auswich. Sonst hätte der Engel ihn getötet – aber die Eselin am Leben gelassen (4.Mose 22,21-33)
  • Gericht und Strafe >> z.B. in Hosea, Kap. 4 wurden Tiere mitbestraft, als die Menschen schwer sündigten.
  • Wenn es den Tieren schlecht geht, dann auch den Menschen. Die Tiere leiden immerunter Egoismus und Habgier der Menschen.
  • die eherne Schlange >> Als die Israeliten aus der ägyptischen Sklaverei befreit durch die Wüstein’s gelobte Land zogen, klagten sie, dass sie unterwegs nur sehr magere Speise hätten und wollten am liebsten zurück zu den Fleischtöpfen Ägyptens. Gott schickte zur Strafe dafür feurige Schlangen – viele Menschen starben durch ihre Bisse. Mose machte eine eherne Schlange, auf die die Gebissenen schauen sollten–dadurch wurden sie gerettet (hatte Gott so angeordnet). Später wurde diese Schlange verehrt wie eine Gottheit und deshalb von König Hiskia zerstört wofür Gott ihn segnete. / Gott trägt mit Adlerflügeln (2. Mose 19,4) Unter dem Aspekt „Tierschutz“ wird die Verantwortung der Menschen für die Tiere genannt; das „Kümmern“ um andere; die Ruhe am siebten Tag für Mensch und Tier. Sodomie war mit Todesstrafe belegt (3.Mose 18,23 u.20,15)

Abschließend fasste Kristina Haupt einige Aspekte einer biblisch-gelungenen Mensch Tier-Beziehung zusammen:

  • Der Mensch soll in Verantwortung vor Gott über die Tiere herrschen und über das Wohlergehen ALLER Tiere wachen.
  • Artenreichtum ist zu erhalten (s. Arche Noah, 1.Mose Kap. 7-9).
  • Vegane Lebensführung ist besonders gut
  • Fleisch von allen Tieren zu essen ist seit dem neuen Testament (also seit Jesus) jedoch erlaubt, aber sehr maßvoll. Übermäßiger Konsum ist generell nicht gut.
  • Man soll Tieren in jeder Situation helfen, wenn sie in Not sind, auch wenn es am Feiertag ist oder das Tier dem Feind gehört.
  • Das absolute Ideal–alle Menschen und alle Tiere leben in Frieden miteinander und ernähren sichausschließlich pflanzlich–wird es erst wieder in „Gottes neuer Welt“ geben.

In der anschließenden Diskussion wurden weitere Tierthemen der Bibel angesprochen, z. B. die Haustiere („dasHündlein unterm Tisch“). Die Zuhörer durften nochmals – so waren wir schon beim Vortrag einbezogen worden – Zettelchen mit einzelnen Bibelzitaten zum Thema von Kristina Haupt annehmen. Das Publikum dankte KristinaHaupt für diesen hochinteressanten Vortrag mit starkem Applaus.

Hier finden Sie den Vortrag als pdf-Datei zum runterladen/ ausdrucken…

C2C heißt Cradle to Cradle

Was ist eigentlich Qualität? Wir verbrauchen tagtäglich Artikel, die uns angepriesen werden als 1a Qualität, Häufig bedeutet das: sie sollen effizient sein, preiswert („den Preis wert“) und praktisch. Meist werden aber wichtige Fragen dabei ausgespart: ist das Produkt ungiftig oder gefährdet es die Gesundheit? Was passiert nach der Verwendung – belastet es die Umwelt?  Das Konzept „Cradle to Cradle – von der Wiege zur Wiege“ versucht hier ganz neue Wege vorzuschlagen, ein Umdenken anzuregen und so Nachhaltigkeit neu zu definieren.Über sechzig Buchholzer Bürger waren gekommen, um der Buchholzerin Monika Griefahn zuzuhören. Als Greenpeace-Aktivistin und niedersächsische Umweltminsterin (1990-98) hatte sie sich einen Namen gemacht. Seit einigen Jahren engagiert sie sich für das u.a. von ihrem Mann, Michael Braungart entwickelte Konzept „Cradle to Cradle“ und sitzt dem gleichnamigen Verein vor.

Worum ging es in dieser Veranstaltung des Runden Tisches Natur-, Umwelt- und Tierschutz in Buchholz? Um nichts weniger als eine kopernikanische Wende im Umgang mit Ressourcen, so klang es für den Außenstehenden. Jeder Verbrauch sollte auf einige grundlegende Aspekte hin beleuchtet werden: muss ich das Produkt kaufen – oder kann der Nutzer nur eine Dienstleistung kaufen, die Hardware aber im Eigentum des Produzenten belassen? Am Beispiel eines PC-Druckers würde das heißen: ich kaufe nicht den Drucker, sonern 10.000 DINa4-Drucke. die Firma garantieert mir einen funktionierenden Drucker und ausreichend Toner, ganz egal, wie lange ich brauche, um das Druckkontingent auszunutzen. Der Produzent hätte plötzlich ein Interesse an möglichst langlebigen Geräten ohne „Sollbruchstelle“, der Nutzer würde in Abständen ein neues Gerät hingestellt kriegen, also vom technischen Fortschritt profitieren. Für beide Seiten würde der Deal profitabel, und vor allem die Umwelt könnte aufatmen: weniger Elektronikschrott, weniger Toner-Orgien (Sparsamkeit des Geräts wäe im Interesse des Produzenten). „Nutzen statt besitzen“ ist das neue Motto.

Der zweite grundsätzlich neue Ansatz ist das Design des Produkts von Anfang an auf die Nutzbarkeit am Ende: schon bei der Konstruktion soll alles getan werden, damit das Gerät, wenn es nicht mehr gebraucht wird, schonend und möglichst umfassend trennen und weiter verwenden zu können. Weniger unterschiedliche Stoffe beim Bau oder der Fertigung (Seife CD: statt 27 neuerdings nur noch 9 Stoffe) erleichtern es, Stoffe wieder zu trennen und sortenrein als Rohstoff wieder verwenden zu können. So entsteht ein technischer Kreislauf, mit dem wir die drohenden Engpässe bei Rohstoffen wie seltenen Erden, Phosphor oder Kupfer vorbeugen können. Wenn das nicht geschieht, ist in wenigen Jahren Schluss mit vielen Produktionswegen.

Das Problemfeld Feinstaub ist ein Beispiel für verantwortungslosen Umgang mit technischen Geräten: Reifen werden abgefahren, der feine Staub aus altem Reifengummi bleibt in der Umwelt. Er ist so fein, dass er nicht einzufangen ist, aber wahrscheinlich extrem gesundheitsschädlich.

Bei vielen Müllsegmenten ist das ähnlich: Plastiktüten belasten die Weltmeere mit riesigen Plastik-Inseln. In Finnland liegt der Plastiktütenverbrauch pro Person bei 4 pro Jahr, in Deutschland bei sechzig, in Osteuropa über 200. Genau wie Zigarettenfilter sind diese Müllbestandteile fast unvergänglich. Ein unübersehbares Gefahrenpotenzial kommt mit der Nano-Technologie auf uns zu: winzigste Chemie-Partikel in Kosmetika, Kleidungsstücken und Gebrauchsgegenständen erschließen eine faszinierende Welt neuer Nutzungen (nie wieder Fenster putzen, Kleidungsstücke für Outdoorsport mit ungeahntem Tragekomfort, Tiefkühlkost, die durch Farbskala anzeigt, ob die Kühlkette durchgehalten wurder usw.). Aber die Gefährdungen durch Haut- oder Lungengängigkeit und daraus resultierende Erkrankungen  sind völlig unerforscht. Erst mal wird gemacht, dann gedacht.

Kommentar

Die Gefahren, die durch bedenkenlosen Verbrauch unserer Umwelt auf uns zukommen, sind plausibel und Frau Griefahn hat sie anschaulich vor Augen geführt. Die Ideen des „Cradle to Cradle“-Konzepts sind spannend und machen neugierig. Viele der abzusehenden Risiken könnnten daduch abgewendet werden.

Gleichwohl blieb in der lebhaften Diskussion nach dem Vortrag von Frau Griefahn ein schaler Beigeschmack. Wenn alle sparen können (Beispiel PC-Drucker) und sich dadurch der Wirtschaftskreislauf nicht weiter aufbläht wie bisher, gerät ein zentrales Paradignma unserer Weltwirtschaft ins Trudeln: das Wachstum. Ohne Wachstum geht gar nichts, versichern uns die Wirtschaftsführer und Politiker unentwegt. Vielen Zuhörern schien es so, dass ohne eine Abwendung von diesem irrsinnigen Wachstumstrieb eine sichere Zukunft für uns Menschen und unsere Umwelt nicht denkbar ist. Da blockte Frau Griefahn ab: es wachse schließlich auch jeder Baum. Die Natur sei Wachstum. Das scheint doch eine gefährliche Verharmlosung der kapitalistischen Strukturen unserer Konzerne zu sein. Denn das Wachstum der Natur unterliegt dem ständigen Wechsel von „Stirb und Werde“, der auch für die von Griefahn skizzierte Kreislaufwirtschaft kennzeichnend sein könnte. Aber da gäbe es nicht die Wachstumsraten, auf denen Börsen, Banken und Geldhändler die Spirale aufbauen, die irgendwann zum Absturz der Wirtschaft führt (aber womöglich erst dann, wenn wirklich der letzte Baum gerodet und der letzte Fluss vergiftet ist.).

IMG_2413Felicitas Gerull vom „Runden Tisch Natur-, Umwelt- und Tierschutz“, Monika Griefahn, Publikum

Nutztierhaltung – Amputationsverbote endlich durchsetzen!

1. Oktober 2013

9. Vortrag in der Reihe „Mensch-Tier-Beziehung im Fokus“

Eckhard Wendt: Nutztierhaltung – Amputationsverbote endlich durchsetzen!

Die erste Vortragsveranstaltung des Runden Tisches nach der Sommerpause hatte ein erschreckendes Thema: Amputationen bei Nutztieren. Nicht jeder mutete sich diesen Vortrag zu, so hatte sich eine Gruppe besonders engagierter Zuhörer eingefunden, um sich vom Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft für artgerechte Nutztierhaltung, Eckard Wendt aus Stelle, informieren zu lassen.

Eine Amputation ist die Abtrennung eines Körperteils. Sie erfolgt aus medizinischen Gründen (weil das Körperteil nicht anders zu retten ist), als Unfallfolge oder Strafe (wikipedia). Welche Gründe liegen bei Nutztieren vor, Schnäbel / Schwänze / Zähne Hoden abzuschneiden oder auszureißen? In aller Regel sind es ausschließlich wirtschaftliche Gründe. Das Tierschutzgesetz von 1986 sieht vor, dass ein Tier so zu halten ist, dass Selbstaufbau und Selbsterhaltung gewährleistet sind. Aber es gibt Einschränkungen (die schon immer die Regel gewesen sind): Einschränkungen des artgerechten Verhaltens dürfen zugemutet werden, wenn die Bedarfsdeckung (Futter, Wasser) gewährleistet ist und Schaden nach Möglichkeit vermieden wird.

Im Tierschutzgesetz sind Amputationen zunächst grundsätzlich verboten. Es folgt dann aber eine lange Reihe von Ausnahmen, die im Vortrag von Eckard Wendt detailliert beschrieben und bewertet wurden. Sehr differenziert sind auch die Vorschriften, wann und wie eine Betäubung zu erfolgen hat, um Schmerzen bei Amputationen zu mindern. Auch bei diesen Regelungen ist vielfach festzustellen, dass die Festlegungen nicht nach ethischen oder medizinischen Kriterien erfolgen, sondern vor allem wirtschaftliche Aspekte berücksichtigen: das Verfahren darf nicht zu teuer werden. Denn jeder weiß: hier geht es nicht um ausnahmen („…im Einzelfall…“), wie im Gesetz eigentlich vorgeschrieben, sondern in der Massentierhaltung werden diese Eingriffe meist durch die Bank bei allen Tieren eingesetzt.

Die von Wendt vorgetragene Auflistung verlangte starke Nerven: Kastrieren von männlichen Schweinen, Rindern oder Schafen, Entfernen von Hühner- oder Putenschnäbeln, Abschneiden von Hühnerkämmen oder Schafsschwänzen, Rausbrechen von Zähnen bei Ferkeln, Enthornungen bei Kühen und so weiter und so weiter. In aller Regel sind die Eingriffe „notwendig“, weil die industrialisierte Massentierhaltung so viele Tiere auf so engem Raum und bei so wenig artgerechter Lebensgestaltung zusammen bringt, dass sie sich gegenseitig oder sich selbst verstümmeln oder schädigen.

Die einzelnen Eingriffsarten sind aufgelistet und mit Altersbegrenzungen versehen: Ferkel bis acht Tagen, unter sechs Wochen alte Rinder usw. Parallelen zur Behandlung von Säuglingen drängen sich auf: noch bis vor wenigen Jahrzehnten hatte man den Säugling als empfindungs- und schmerzunfähige „Masse Zellen“ angesehen und entsprechend auf schmerzstillende Maßnahmen bei Eingriffen kurz nach der Geburt abgesehen. Ärztliche Fachverbände haben seit Jahrzehnten diese Sichtweise überwunden und gehen von Schmerzempfindung schon beim Fötus im Mutterleib aus (der entsprechend zu schützen ist, vgl. z.B. http://www.bundesaerztekammer.de/page.asp?his=0.7.47.3227). In der Nutztierhaltung siegt die ökonomische Sicht über die ethische und medizinische.

Ein langer Weg der Lobbyarbeit für Tiere ist hier noch zu beschreiten. Das Publikum dankte Eckard Wendt, der seit Jahrzehnten an dieser Arbeit bundesweit beteiligt ist, mit lebhaftem Beifall.

(Ingo Engelman